Nach diesem Prinzip setzt die plötzlich verarmte Stadt Ingolstadt den Rotstift an. Natürlich müssen Stadtrat und Verwaltung auf Einnahmeausfälle reagieren – aber warum so panisch und kurzsichtig? Im Kulturbereich riskieren sie, mit relativ kleinen Einsparbeträgen unverhältnismäßig großen Schaden anzurichten.
Die freie Kulturszene der Stadt steht noch unter Schock angesichts der unangekündigten massiven Kürzungen bei den Fördermitteln für das laufende Jahr. Man versucht mit Sparmaßnahmen irgendwie die Lücken zu überbrücken – und weiß gleichzeitig doch, dass im nächsten Jahr das dicke Ende folgt. Eine Reihe von Kultureinrichtungen wird weitere Kürzungen voraussichtlich nicht überstehen.
Ingolstadt läuft Gefahr, eine über Jahre gewachsene, bunte und vielfältige Kulturlandschaft zu verlieren. Die Stadt entwertet damit auch das große bürgerschaftliche Engagement, das diese Landschaft erst zum Blühen gebracht hat. Mit langfristigen Folgen: Denn Kulturleben und ehrenamtliches Engagement lassen sich nicht einfach ein- und ausschalten. Was jetzt untergepflügt wird, wird auf Jahre hinaus nicht wieder wachsen können.
Besonders bitter ist, dass die Stadt vor allem bei den Kindern kürzt: Die Kunst- und Kulturbastei verliert 50 Prozent, der Verein Künstler an die Schulen 70 Prozent, auch die städtische Sing- und Musikschule muss großflächig sparen. Als ob die kulturelle Bildung der nächsten Generation nur eine „freiwillige Leistung“ sei, auf die man mit leichter Hand verzichten könnte.
Eine Folge wird sein, dass sich eine schon vorhandene Entwicklung verstärkt: Ingolstadt verliert Menschen mit Ideen und kreativem Potenzial an attraktivere Städte. Dabei werden wir jeden kreativen Kopf noch dringend brauchen. Struktur und Gesellschaft der Stadt verändern sich rasant. Wenn Ingolstadt auch in Zukunft eine lebenswerte, bunte Stadt sein soll, müssen wir auf vielen Feldern umdenken, Ideen entwickeln, Gemeinschaft stiften. Kultur kann das – wenn sie nicht kaputtgespart wird.
Johannes Greiner, Mona Huber, Nikolas Schwan und das ganze Team des KAP94